
So „Mild und leise…“ war der Abschied von Waltraud Meier nach den zwei Vorstellungen an der Bayerischen Staatsoper dann doch nicht. Im Gegenteil. Meier, die seit 1996 Bayerische Kammersängerin ist, wurde mit überwältigenden Jubelstürmen gefeiert.
Bereits im Dezember 2014 hatte Meier ihre letzte ‚Isolde‘ an der Staatsoper Berlin singen wollen. Die Leitung hatte Daniel Barenboim. Barenboim war es auch, der Meier zu ihrer Lebensrolle verhalf, da er sie überzeugen konnte 1993 bei den Bayreuther Festspielen die ‚Isolde‘ in einer Neuinszenierung von Heiner Müller erstmals zu geben.
Beim Berliner Abschied sollte es jedoch nicht bleiben. Im einem Interview in der Süddeutschen Zeitung am 10.06.2015 darauf angesprochen, sagte Meier:
„Aber dann kam Herr Bachler und hat mich doch noch überredet. Und da München schon eine Art Heimathaus für mich ist, sagte ich: Na gut, die machen wir noch. Hoffentlich gelingt es.“
Die letzte Vorstellung von Meier in ihrem „Heimathaus“ fand im Kleid der Inszenierung von Peter Konwitschny aus dem Jahre 1998 statt. Eine mehr oder weniger bunte Produktion, die im ersten und zweiten Akt mit dreidimensionalsierten Bildern einem Kinderbuch anheimelt. Der dritte Akt hingegen zeigt sich eher roh und kühl. Betonwände und schwarz-weiß-chromatische Dias.
Die große Bühne der Bayerischen Staatsoper wurde sowohl optisch als auch praktisch auf eine Art Puppenbühne mit umlaufenden schwarzen Bauteilen verkleinert. Dieser sichtbare Ausschnitt ist entgegen üblichen Produktionen reduziert und konzentriert. Wie auch eine Puppenbühne ist ein eigener Vorhang vorgesehen und die höher gelegene Bühne wird durch eine Treppe mit der schwarz ausgelegten Rampe verbunden. Auf der Bühnenrampe findet am Ende der „Liebestod“ statt. Im Schlussbild tut sich der Vorhang nochmals auf und es sind in einem schwarzen Raum zwei weiße Särge aufgebahrt, die von Brangäne und König Marke mit Blick in die Weite gesäumt werden. Insgesamt eine sehr gut funktionierende Produktion.

Einziger Wermutstropfen: Während der „Liebestod“ auf der Bühnenrampe spielt, wird das Bild des dritten Aufzuges abgebaut, um die Schlussszene mit den Särgen wirkungsvoll in Szene zu setzen. Dies erzeugte leider unschöne, jedoch vermutlich auch nicht zu vermeidende Störgeräusche.
Das Dirigat von Philippe Jordan war durchweg bemerkenswert. Im Vorspiel spannte er weite Bögen, erreichte durch bewusst langgezogene Pausen und das tatsächliche „pianissimo“ zu Beginn und Ende einen sehr emotionalen und tief gehenden Einstieg. Im Weiteren kam aber dann mehr Dynamik zu Tage. Er trieb Orchester und Sänger zu einer „nicht schleppenden“ Vorstellung an. Das Ergebnis litt darunter nicht; im Gegenteil. Er zeigte damit auch, dass ihm Wagner nicht fremd ist. Bei der ersten Vorstellung war in meinen Ohren jedoch die Lautstärke des Orchesters noch nicht in jedem Fall mit den Sängern stimmig. Dies änderte sich in der zweiten Vorstellung ins Positive.
Mit der Leistung seiner musikalischen Leitungen bei den Festspielen könnte man sich den 40-jährigen Schweizer durchaus auch einmal als möglichen Nachfolger von Kirill Petrenko vorstellen. Sein Vertrag an der Opéra National de Paris läuft bis 2021.

Waltraud Meier. Sie sang die „Isolde“ mit dem Ansatz den sie immer verfolgt: „Ich gehe mit der ganzen Energie da hinein.“ Jede Geste, jede Mime war passend. Durch schauspielerische Leistung und die stimmliche Interpretation verkörperte sie, trotz des tragischen Endes, eine starke und hoffnungsvolle Isolde. Voll der Liebe. Vielleicht ein bisschen auch sie selbst!
Robert Dean Smith konnte im Ersten und Zweiten Aufzug nicht mit Meier mithalten. Im Dritten Aufzug war er jedoch wie ausgewechselt. Vielleicht teilte er sich aber auch die Kräfte bewusst klug ein, um den sängerischen Achttausender auf den letzten schwierigen Höhenmetern sicher erklimmen zu können. Dies ist ihm gelungen.
König Marke erschien nicht nur auf der Bühne, sondern René Pape beherrschte sinnbildlich durch Bassstimme und Genauigkeit im textlichen Ausdruck mit seiner Rolleninterpretation Szene und Publikum. Eine Steigerung ist in meiner Vorstellung kaum möglich.

Am Schluss waren es, wie zu erwarten, stehende Ovationen von Publikum und Kollegen für Waltraud Meier. Sichtlich bewegt nahm sie diese entgegen. Auch das Orchester dankte ihr mit einem Blumenstrauß und Staatsintendant Nikolaus Bachler fand in seiner Rede des Dankes für mich genau die treffenden Worte. Ein Satz blieb mir dabei in Erinnerung. Dieser lautete sinngemäß:
„Große Künstler wissen, wann sie eine Rolle in ihr Repertoire aufnehmen können. Aber sie wissen auch, wann sie damit aufhören sollten!“
Dafür gilt Waltraud Meier der größte Respekt! Eine Lebensrolle aufzugeben, obwohl die sängerische Leistungsfähigkeit sie noch nicht dazu zwingt. So wird Waltraud Meier jedoch als DIE „Isolde“ in sehr guter Erinnerung bleiben.
Als Schlusswort bemühe ich wieder einmal ein Zitat aus der Serie Monaco Franze: „… ein echtes Kunsterlebnis… eine Sternstunde… glücklich und dankbar müssen wir sein, dass wir dabeisein durften!“
Excellent blog post! I agree that Waltraud Meier will be remembered as THE Isolde, at least for me. Thanks for sharing! -Alex
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Thank you! It was such an emotional evening.
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