Ernani – Verdis Breakthrough – an der Opéra Royal de Wallonie in Liège

Als ich Verdis „Ernani“ das erste Mal auf CD hörte, war ich durchweg begeistert. Und für mich war klar warum diese, seine fünft Oper, ihm zu seinem endgültigen Durchbruch verhalf. Angemerkt sei, dass es sich dabei um den Live-Mitschnitt aus dem Teatro alla Scala unter Riccardo Muti mit Dominigo/Freni/Bruson/Ghiaurov (1982) handelte.

Eine Recherche bei operabase.com ließ mich jedoch staunen. So oft steht dieses Werk nicht auf den Spielplänen der Opernhäuser. Und Ernani schafft es nicht einmal in die Top Ten der meistgespielten Opern Verdis. Für mich durchaus verwunderlich. Die konzertanten Aufführungen hielten sich mit Bühnenproduktionen in den letzten Jahren die Waage.

Wie es jedoch der glückliche Umstand wollte, eröffnete die Opéra Royal de Wallonie in Liège (Lüttich/Belgien) am 24.09.2015 mit einer Premiere dieses Stücks ihre Spielzeit 2015/2016. Es handelt sich dabei um eine Ko-Produktion mit der Opera Monte Carlo. Inszeniert wurde durch Jean-Louis Grinda.

Die Opéra Royal de Wallonie wurde erst im Jahr 2014 für ca. 31 Millionen Euro renoviert. Neben einer kompletten Renovierung der Treppenhäuser sowie der Aufenthaltsräume wurde auch die gesamte Obermaschinerie erneuert und ausgebaut. Dies bedeutete auch eine Veränderung der äußeren Erscheinung des Hauses. Es wurde auf das Dach ein modern gestalteter Kubus aufgebracht. Dies eröffnet nun auch im künstlerischen Bereich völlig neue Möglichkeiten, da komplexere Bühnenbilder und -konstruktionen zum Einsatz gebracht werden können. Die Kombination der Gegensätze von modern und klassisch ist sicherlich Geschmacksfrage. Ich finde es ist gelungen.

Auch der knapp über 1000 Plätze große Innenraum wurde gänzlich einer Erfrischungskur unterzogen. Neue Bepolsterung der Bestuhlung, Restaurierung des Kronleuchters, Auffrischung des Deckenfreskos, neues Blattgold. Dadurch wurde das kleine Theater wieder zu einem Schmuckstück des Klassizismus. Das Deckengemälde und der nicht allzu große aber detailreiche Kronleuchter sind ein echter Blickfang vor Beginn der Vorstellung oder während der Lichtpausen.

Die Inszenierung Grindas würde ich als klassisch-konventionell beschreiben. Es spielt in der Zeit des Werkes. Die Kostüme sind teilweise sehr aufwendig gefertigt und ausladend. Das Bühnenbild setzt jedoch Akzente durch geschickte Ausleuchtung und den Einsatz von großflächigen Spiegeln. Zum Einen ist die Situation auf der Bühne durch schräge Anbringung nicht nur frontal, sondern auch in einer Draufsicht zu sehen. Zum Anderen wurden die Spiegel, wie auch schon aus Schlössern bekannt, zur optischen Vergrößerung des Bühnenraumes genutzt. Die Personenregie war unaufgeregt und stimmig. Grinda  beschränkte sich dabei – in positiver Weise – auf das Auf- und Abtreten der Sänger und das Spiel an der Bühnenrampe.

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Sängerisch überzeugte allen voran der Belgier Lionel Lhote als „Don Carlo“ bzw. Karl V., gefolgt von Orlin Anastassov als „Don Ruy Gomez de Silva“. Beide überzeugten durch starke Bühnenpräsenz und stimmliche Ausdrucksstärke. Beiden konnte leider Gustavo Porta als Ernani nicht „gefährlich“ werden. Teilweise fehlte es an der Intonation und der Kraft beim Ausklang längerer Töne. Elaine Alvarez gab die Elvira in ihren verschiedenen emotionalen Phasen überzeugend. Der gut einstudierte Chor, welcher in Ernani sehr oft zum Einsatz kam, harmonierte mit den Solisten und unterstrich die Duette, Trios oder Quartette.

Musikdirektor und Dirigent Paolo Arrivabeni leitete Orchester der Oper Lüttich souverän. Einige Passagen waren im Tempo ambitioniert und für die Sänger eine Herausforderung, die jedoch gut gemeistert wurde.

Insgesamt ein wunderbarer Abend. Es müssen nicht immer große Häuser und Regietheater sein. Die Mischung macht’s.


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